Der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen

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Inklusion in Zeiten von COVID-19 erschienen am

Porträt von Herrn Jürgen Dusel Porträt des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen
Quelle: Henning Schacht

Inklusion in Zeiten von COVID-19

Liebe Leser*innen des Inklusionsnewsletters,

das neue Coronavirus COVID-19 hält derzeit die ganze Welt in Atem. Kaum eine Nachrichtensendung ohne Neuigkeiten hierzu, kaum ein Thema, das nicht damit verknüpft wird. In Deutschland und in vielen anderen Ländern erleben wir derzeit Veränderungen unseres Alltags in bisher nicht gekanntem Ausmaß. Mein besonderes Augenmerk gilt dabei auch den Menschen mit Behinderungen, den Menschen mit Vorerkrankungen, der sogenannten Risikogruppe – die es in allen Altersgruppen gibt.

In dieser Woche haben Bundestag und Bundesrat ein umfangreiches Maßnahmenpaket verabschiedet, das auch soziale Dienstleister absichert, die im Gegensatz zu Unternehmen keine großen Rücklagen bilden dürfen. Ich begrüße dies ausdrücklich, denn nichts wäre schlimmer, als wenn diese Einrichtungen Insolvenz anmelden müssten: Frühförderstellen, Versorgungs- und Rehabilitationseinrichtungen oder auch Werkstätten für behinderte Menschen. Bislang nicht berücksichtigt wurden jedoch zum Beispiel Wohneinrichtungen für Menschen mit Behinderungen. Sie arbeiten derzeit unter massiv erschwerten Bedingungen und haben deutliche Mehrbelastungen durch Sach- und Personalkosten - denn die Bewohner*innen sind nun den ganzen Tag zu Hause und auf medizinische und soziale Betreuung angewiesen. In den meisten Fällen kommt noch der Mangel an Schutzausrüstung hinzu – und das obwohl viele der Bewohner*innen nicht selten zur Risikogruppe gehören. Diese Wohneinrichtungen profitieren derzeit nicht von den verabschiedeten Maßnahmen und das muss sich dringend ändern. Denn bereits jetzt ist absehbar, dass es dort zu Gesundheitsgefährdungen und Schlimmerem kommen kann.

Hinzu kommen viele weitere Probleme – die Hilferufe von Wohlfahrtsverbänden, Fachverbänden und auch Selbstvertretungsorganisationen sind in dieser Woche bereits deutlich zu hören gewesen. So ist zum Beispiel die medizinische Versorgung von Menschen mit Schwerst- und Mehrfachbehinderungen – die auch in Zeiten außerhalb einer Pandemie nicht so zugänglich ist, wie sie sein müsste – nicht gesichert. Die Krankenhäuser sind überlastet und oft nicht barrierefrei.

Die gesamte Situation stellt die Bundesregierung und die Landesregierungen, alle staatlichen Akteure und uns alle als Gesellschaft vor nie gekannte Herausforderungen. Zahlreiche Entscheidungen, von denen wir nicht geahnt hätten, dass sie jemals zur Debatte stehen, müssen nun getroffen werden. Wir sind ein lernendes System. Alles muss sorgfältig abgewogen und immer wieder neu hinterfragt werden, es gibt keine endgültigen oder alternativlosen Antworten. Außer der unumstößlichen Prämisse, dass bei allen Gesetzen, Verordnungen und Plänen immer die Menschenrechte handlungsleitend sein müssen. Und zwar die von allen Menschen. Dazu gehört auch, dass die Selbstvertretungsorganisationen der Menschen mit Behinderungen aktiv und verbindlich in Entscheidungen mit eingebunden werden. Sie können sicher sein, auch mein Team und ich werden die Bundesregierung immer wieder auf Probleme aufmerksam machen und uns für Veränderungen einsetzen.

Meine Hoffnung ist, dass wir trotz der schwierigen Zeit und der Ungewissheit auch Gutes in die Zeit nach dieser Krise mitnehmen können. Lichtblicke gibt es bereits jetzt: So haben die Bundesregierung sowie zahlreiche Bundes- und Landesministerien – nach einem kleinen Anstoß von mehreren Seiten - damit begonnen, barrierefreier zu kommunizieren: Also mit Live-Gebärdensprachdolmetscher*innen und in Leichter Sprache. Das darf natürlich in der Zeit nach COVID-19 nicht aufhören und auch dafür werde ich weiterhin werben.

Wo auch immer Sie sind: Halten Sie durch und bleiben Sie gesund.

Ihr

Jürgen Dusel

Beauftragter der Bundesregierung
für die Belange von
Menschen mit Behinderungen

Barrierefreiheit "all in one": Neuer Erklärfilm der Schlichtungsstelle online

Die Schlichtungsstelle BGG stellt sich per Film vor: Die unabhängige Schlichtungsstelle nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) - angesiedelt beim Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen - gibt es mittlerweile seit gut drei Jahren. Was sind die Aufgaben der Schlichtungsstelle? Sie kann dann helfen, wenn zum Beispiel die Website einer Bundesbehörde nicht barrierefrei ist. Oder es keine Informationen in leichter Sprache gibt.

Seit heute stellt sich die Schlichtungsstelle BGG mit einem komplett barrierefreien dreiminütigen Informationsfilm vor. Darin wird veranschaulicht, wie ein Schlichtungsantrag abläuft. Der Film beinhaltet eine Audiodeskription, Untertitel und eine Übersetzung in die Deutsche Gebärdensprache. Eine Textversion in leichter Sprache lässt sich ebenfalls auf der Website finden.

Gerne nimmt die Schlichtungsstelle Ihre Fragen entgegen: www.schlichtungsstelle-bgg.de

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Screenshot aus dem Film. Im Fordergrund ein Gebärdendolmetscher, im Hintergrund animiert drei Personen an einem Tisch.

„Seelische Abartigkeit“ soll gestrichen werden: Jürgen Dusel begrüßt geplante Änderungen des Strafgesetzbuches

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Barrierefreie Informationen für alle

Seit Wochen redet alle Welt über Corona. Leider können nicht alle mitreden. Warum? Weil die entsprechenden Informationen nicht für alle verfügbar sind. Zum Beispiel für Menschen, die in Gebärdensprache kommunizieren oder Menschen, die Informationen in Leichter Sprache brauchen. Der Deutsche Gehörlosenbund hat auf diesen Missstand bereits vor ein paar Tagen hingewiesen und auch Jürgen Dusel kritisiert, dass im Falle von besonderen Situationen oder auch Notfallsituationen kaum barrierefreie Informationen verfügbar sind.

„Barrierefreie Kommunikation sollte immer der Standard sein, aber besonders in außergewöhnlichen Situationen wie zum Beispiel beim Coronavirus muss sie oberstes Gebot sein. Denn fehlende Informationen bedeuten eine konkrete Gefahr für die Menschen,“ so der Beauftragte. „Weder die Bundesregierung noch nachgeordnete Behörden wie das Robert Koch-Institut, das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe oder die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung stellen aktuelle barrierefreie Informationen bereit - sei es in Erklärvideos oder bei Pressekonferenzen. Der Einsatz von Gebärdensprachdolmetscher*innen und die Bereitstellung von Informationen in leichter Sprache sollten jedoch Standard sein. Das gilt auch für Anbieter von audiovisuellen Medien.“

Bereits Anfang des Jahres hatten die Behindertenbeauftragten von Bund und Ländern in einer gemeinsamen Erklärung zum Medienstaatsvertrag gefordert, die Versorgung mit barrierefreien Notfallinformationen in audiovisuellen Medien sicherzustellen. Darüber hinaus fordert Artikel 21 der UN-BRK, dass Informationen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind, rechtzeitig in zugänglichen Formaten und Technologien zur Verfügung gestellt werden. Weiter heißt es dort: „Massenmedien, einschließlich Anbieter von Informationen über das Internet, sollen dazu aufgefordert werden, ihre Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen zugänglich zu gestalten.“

Menschen mit Behinderungen, die sich in ihrem Recht auf Barrierefreiheit verletzt sehen, können sich übrigens zur Unterstützung an die Schlichtungsstelle BGG wenden. Die Schlichtungsstelle nach § 16 des Gesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (BGG) hat die Aufgabe, Konflikte zwischen Menschen mit Behinderungen und öffentlichen Stellen des Bundes zu lösen: www.schlichtungsstelle-bgg.de.

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Eine Schultafel, auf der mit Kreide und Schreibschrift geschrieben das Wort Coronavirus steht. Ergänzt mit roten Druckbuchstaben darüber: "Informationen zum", danach ein fettes rotes Fragezeichen. Darunter der Satz "Bitte auch barrierefrei".

Regionalkonferenz für Architekten und Stadtplaner in Hannover

Was genau bedeutet Zugänglichkeit und wie kann barrierefrei geplant werden?
Darüber diskutierten am 04. März 2020 Vertreterinnen und Vertreter aus Verbänden, Politik sowie Architektur und Landschaftsplanung bei der Konferenz „Inklusiv gestalten – Ideen und gute Beispiel aus Architektur und Stadtplanung“. Zu der Konferenz eingeladen hatte Jürgen Dusel, der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, gemeinsam mit der Bundesarchitektenkammer und der Architektenkammer Niedersachsen. Themen der Konferenz waren unter anderem der demografische Wandel - und dass barrierefreies Bauen nicht zwingend teurer sein muss.

Jürgen Dusel betonte während seiner Rede „Barrierefreiheit hat eine tiefe soziale Dimension und ist ein zentrales Grundrecht, egal ob im privaten oder im öffentlichen Raum". Weiter führte er aus: „Menschen mit Behinderungen bewegen sich nicht nur in den eigenen vier Wänden oder in öffentlichen Gebäuden. Sie wollen auch ins Museum oder Theater, in barrierefreie ärztliche Praxen, sie wollen sich in der gesamten Stadt bewegen. Barrierefreiheit muss daher zum Qualitätsstandard für modernes Bauen werden. Wer heute noch Barrieren baut, macht etwas falsch. Deswegen sollten wir auch über die Verpflichtung bestimmter privater Anbieter zur Barrierefreiheit nachdenken. Der Ansatz ‚Design for all‘ muss selbstverständlich werden.“.

Eine inklusive Gestaltung der Wohnung, der öffentlichen Gebäude und des Stadtraumes leistet nicht nur für Menschen mit Behinderungen einen bedeutenden Beitrag zur eigenständigen Lebensführung, sondern vor allem auch für älteren Mitbürger*innen.
Diesen Ansatz begrüßt auch der Präsident der Architektenkammer Niedersachen Robert Marlow. „In der gebauten Umwelt gibt es noch immer zu viele Barrieren. Wir als Architekten, müssen den Blick schärfen und intelligente Lösungen finden.“

Den rund 200 Gästen stellte die Regionalkonferenz mit Impulsvorträgen, Präsentationen gelungener Projekte sowie in Gesprächsrunden vor, wie inklusive Gestaltung und interdisziplinäre und intelligente Planungsansätze aussehen können. Und auch für die nächste Regionalkonferenz steht bereits ein Termin fest. Sie wird am 07. Mai 2020 in Essen stattfinden.
Ein ausführlicher Bericht der Landesarchitektenkammer Niedersachen wird bald folgen. https://www.dabonline.de

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Ein Mann steht am Rednerpult. Im Hintergrund sieht man auf der Projektion die Logos des Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen, der Bundesarchitektenkammer und der Architektenkammer Niedersachsen.

Filme für alle auf der Berlinale

#Filme für alle: Gestern fand auf der Berlinale erstmalig ein Fachgespräch zum Thema Audiodeskription statt. In Kooperation mit der Deutschen Kinemathek und mit freundlicher Unterstützung der 70. Internationalen Filmfestspiele Berlin konnte sich Jürgen Dusel mit Expertinnen und Experten zum sogenannten Hörfilm austauschen. In seinem Grußwort machte er einmal mehr deutlich, dass Demokratie und Inklusion für ihn zusammengehören und dass in einer inklusiven Gesellschaft Menschen mit Behinderungen ein Recht auf Teilhabe in allen Lebensbereichen haben. Das Erleben von Kultur, wie beispielsweise das gemeinsame Filmerlebnis, ist für viele Menschen mit und ohne Sehbeeinträchtigung von zentraler Bedeutung. Audiodeskription ermöglicht blinden Menschen den Genuss von Film und Fernsehen.
Vor ungefähr 100 Gästen diskutierten Dr. Bernd Benecke, Andreas Bethke, Dr. Alice Brauner, Barbara Fickert, Stephanie Wagner und Anke Nicolai mit dem Publikum über den aktuellen Stand und die Qualitätssicherung der Audiodeskription.
Ergebnis des Abends war: Es gibt noch viel zu tun! Es muss dafür gesorgt werden, dass barrierefrei hergestellte Filmfassungen blinden und sehbehinderten Menschen auch tatsächlich zugänglich sind. Denn immer noch ist es nicht selbstverständlich, dass vorliegende Audiodeskriptionen von Filmen im Kino wirklich gezeigt werden. Recherchen des DBSV im Rahmen seines Projekts „Kino für alle“ haben ergeben, dass es deutschlandweit lediglich circa 20 Kinos gibt, die über eine Wiedergabemöglichkeit der Audiodeskription verfügen. In diesen 20 Kinos wird nur ein Bruchteil der durch die Filmförderungsanstalt geförderten Filme gezeigt. Außerdem fehlen Standards für Ausbildung und Qualitätssicherung bei der Erstellung von Hörfilmen. Das Fachgespräch ist Auftakt einer Veranstaltungsreihe zu Inklusion in Kooperation mit der Deutschen Kinemathek im Rahmen der Berlinale.

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Jürgen Dusel steht am Rednerpult. Im linken Hintergrund sieht man die Projektion „Filme für alle - Fokus Audiodeskription“.

Tag der Kinderhospizarbeit

Gestern, am 10. Februar, war bundesweiter Tag der Kinderhospizarbeit. Dies war Anlass für den Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Jürgen Dusel, auf die Probleme hinzuweisen, mit denen Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit lebensverkürzenden Erkrankungen sowie deren Familien tagtäglich zu kämpfen haben. Er forderte auch eine Stärkung des Ehrenamts in der Kinderhospizarbeit.
Er sagte bei einem Besuch im Berliner Hospiz „Berliner Herz“: „Die Arbeit in Kinderhospizen und bei den Familien zuhause ist eine der anspruchsvollsten Arbeiten, die es in unserer Gesellschaft gibt. Besonders denen, die diese Arbeit ehrenamtlich machen, gebührt daher der höchste Respekt. Sie geben Zuwendung und Zeit, die wertvollsten Ressourcen, die ein Mensch hat. Deswegen ist es umso wichtiger, dass wir die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für das Ehrenamt in der Hospizarbeit stärken, durch bewusstseinsbildende Maßnahmen oder durch weitere Verbesserungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.“
Neben der Stärkung des Ehrenamts forderte er auch, die Leistungsbeschaffung für betroffene Familien zu verbessern und auch verwaiste Eltern besser zu unterstützen. Insbesondere der Rechtsanspruch auf Nachsorge und Rehabilitation für verwaiste Eltern müsse klar gesetzlich geregelt werden, so der Beauftragte. Es sei beschämend, dass die Betroffenen in ihrer Situation mit den Leistungsträgern immer wieder Kämpfe ausfechten müssten. Diese Punkte machte er auch bei einem Dialogforum „Hospizarbeit für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene“ heute (11. Februar) im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gemeinsam mit Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey deutlich.
Die Stärkung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen und deren Familien ist ein Schwerpunktthema des Beauftragten. Auch in den Teilhabeempfehlungen, die Jürgen Dusel im vergangenen Dezember der Bundesregierung überreichte, mahnte der Beauftragte Verbesserungen in diesem Bereich an.
Der Tag der Kinderhospizarbeit macht seit 2006 auf die Situation von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit lebensverkürzenden Erkrankung und deren Familien aufmerksam. Als Zeichen der Verbundenheit werden die Menschen an diesem Tag dazu aufgerufen, grüne Bänder der Solidarität zum Beispiel an Fenstern, Autoantennen oder Bäumen zu befestigen.

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Die Special Olympics World Games kommen!

2023 kommen die Special Olympics World Games nach Berlin und wir freuen uns darauf! Heute war die offizielle Vertragsunterzeichnung zwischen Special Olympics International und Special Olympics Deutschland - in Anwesenheit von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seiner Frau Elke Büdenbender im Schloss Bellevue. Special Olypmics Deutschland (SOD) wurde vertreten durch Präsidentin Christiane Krajewski, Special Olypmics International durch den Vorsitzenden Dr. Timothy Shriver.
Jürgen Dusel sagte anlässlich der Unterzeichnung: „Ich finde das großartig und freue mich darüber, dass Menschen mit Behinderungen immer sichtbarer werden. Sport ist die Gelegenheit zu zeigen, was in einem steckt und was man leisten kann. Und ich wünsche mir natürlich, dass die World Games die Barrierefreiheit in der Stadt aber auch in ganz Deutschland voranbringen, insbesondere was auch die Frage der leichten Sprache betrifft.“
Die Special Olympics finden vom 16. bis 25. Juni 2023 in Berlin statt. Erwartet werden etwa 7.000 Athlet*innen aus über 170 Nationen. Special Olympics ist nach eigener Bezeichnung die weltweit größte Sportbewegung für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung, die vom Internationalen Komitee (IOC) anerkannt ist.

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Zu sehen ist eine Wand mit zahlreichen Unterschriften und dem Hashtag #Berlin2023

Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus

Der gestrige Tag, der 27. Januar 2020, stand ganz im Zeichen des Gedenkens an die Millionen Opfer des Nationalsozialismus und dessen menschenverachtender Ideologie. 75 Jahre sind seit der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz vergangen. Gedacht wurde der Opfer an vier Gedenkorten in Berlin: Dem Denkmal für die ermordeten Juden Europas, der Gedenkplatte für die Opfer der nationalsozialistischen „Euthanasie“-Morde, dem Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen und dem Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma.

Jürgen Dusel nahm am Gedenken an allen Orten teil. Am Gedenkort für die Opfer der „Euthanasie“-Morde sagte er: „Wir haben die Verantwortung, nicht nur der Opfer zu gedenken, sondern auch zu fragen, wie Menschen zu Tätern werden konnten, die anderen so Schreckliches antaten. Unsere Aufgabe ist es auch, sie aus dem Dunklen der Geschichte, aus dem Nebel von verschweigen, vertuschen, verdrängen und verleugnen herauszuholen und sichtbar zu machen,“ so Dusel. „In Auschwitz und auch hier – in der Tiergartenstraße 4 – saßen die Täter: die geistigen Wegbereiter, die lauten Anführer, die stillen Gefolgsleute – und die unauffälligen Mitläufer. Unter ihnen waren Ärztinnen und Ärzte. Viele unter ihnen brachen den hippokratischen Eid: Aus Heilenden wurden Mordende.“ Dusel weiter: „Leider ist unsere Welt immer noch nicht frei davon, dass Menschen ungleich behandelt und diskreditiert werden. Auch 75 Jahre später wird das Wort „behindert“ von manchen als Schimpfwort benutzt. Sprache hat schon oft den Boden für Taten bereitet. Deshalb müssen wir gegen jede Herabwürdigung von Menschen ankämpfen und den Anfängen wehren. Das sind wir den Opfern schuldig,“ so der Beauftragte abschließend.
Allein der „Euthanasie“ der Nationalsozialisten, fielen circa 300.000 Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen zum Opfer („Krankenmorde“), allein im Rahmen der sogenannten Aktion T4 in Deutschland 70.000. Über 400.000 Menschen wurden zwangssterilisiert.
Am Abend wurde das Gedenken im Kleisthaus im Dienstsitz des Behindertenbeauftragten mit einem Konzert des inklusiven A-Cappella-Ensembles Thonkunst aus Leipzig fortgesetzt. Thonkunst hatte bereits die Kranzniederlegung am Morgen musikalisch begleitet. Am Abend brachten Sie ein Repertoire, das vor allem aus geistlicher Musik und Madrigale bestand. Kombiniert wurde die Musik mit Texten aus der Marzahner Schreibwerkstatt der Mark-Twain-Bibliothek: 16 Jugendliche hatten sich bereits im Jahr 2019 auf den Weg gemacht, um Informationen und Eindrücke zum Umgang der Nationalsozialisten mit Menschen mit Beeinträchtigungen zu erforschen. Daraus entstanden die eindrücklichen Texte der Schreibwerkstatt unter der Leitung von Renate Zimmermann, die an dem Abend präsentiert wurden.

In einem einleitenden Podiumsgespräch vor Konzert und Lesung sprachen Jürgen Dusel, Irit Kulzk vom „Förderkreis Gedenkort T4 e.V.“ und Renate Zimmermann über die Bedeutung von Gedenkorten und die wichtige Arbeit, das „Erinnern“ generationenübergreifend aufrecht zu erhalten. Renate Zimmermann gab Einblick in ihre Arbeit mit den Jugendlichen in der Schreibwerkstatt, die teilweise zum ersten Mal mit dem Thema in Berührung kamen. Dem Beauftragten und Irit Kulzk war zudem besonders wichtig, dass die Perspektive von Menschen mit Beeinträchtigungen und ihren Angehörigen beim Gedenken an die Opfer der „Euthanasie“ sowie die Opfer der Zwangssterilisation eine zentrale Rolle spielt. Moderiert wurde das Gespräch von Vanessa Marlog, Kulturreferentin beim Beauftragten. Insgesamt handelte es sich um einen Abend, der den Gästen im Kleisthaus zum Ausklang eines umfänglichen Gedenktages mit berührenden Liedern und Texten die Gelegenheit bot, ihren Gedanken nachzugehen und einen Raum zu finden, der ein individuelles Gedenken in der Gemeinschaft ermöglichte.

Die Rede des Beauftragten anlässlich des Gedenkens am 27. Januar 2020 finden Sie hinter diesem Link.

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Jürgen Dusel spricht in die Mikrofon. Links von ihm steht ein Gedenk-Kranz.

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